Elektroakustische Notfallwarnsysteme unterstützten eine schnelle und effiziente Evakuierung von Gebäuden und werden deshalb immer häufiger eingesetzt. Solche Systeme sind daher für die Sicherheit der Gebäude von großer Bedeutung und es werden daher hohe Anforderungen an die Betriebssicherheit solcher Anlagen gestellt.
Die Norm DIN/EN 60849 für elektroakustische Notfallwarnsysteme definiert die Leistungsanforderungen an diese Anlagen, damit die uneingeschränkte Verfügbarkeit des Systems im Notfall garantiert ist.
Diese Norm gilt für Schallverstärkungs und Schallverteilungssysteme, die in Notfallsituationen eingesetzt werden, um Personen, die sich in einem Bereich innerhalb oder außerhalb eines Gebäudes aufhalten zu veranlassen, diesen Bereich schnell und geordnet zu räumen.
Solche Systeme werden in öffentlichen Zonen eingesetzt, in
denen sich Personen befinden, die mit den Fluchtwegen nicht vertraut sind, z.B.:
Eine wichtige Eigenschaft solcher Anlagen ist die Sprachverständlichkeit. Es muß sichergestellt sein, daß Durchsagen im Notfall von allen betroffenen Personen verstanden werden können.
Es gibt eine Vielzahl von Parametern, die die Sprachverständlichkeit beeinflussen.
Man unterscheidet zwei
grundsätzliche Klassen von Verfahren zur Messung der Sprachverständlichkeit:
Subjektive
Verfahren: Eine Durchsage bzw.
spezielle Wortfolgen werden von mehreren Probanden gehört und beurteilt. Durch
statistische Auswertungen werden Parameter für die Sprachverständlichkeit
abgeleitet. Letztlich ist die Sprachverständlichkeit für menschliche Zuhörer
die Referenz, allerdings sind diese Verfahren sehr aufwendig. Solche Tests sind
in der Norm ISO4870 standardisiert.
Objektive Verfahren: Mit Hilfe von speziellen Meßsignalen
werden Parameter abgeleitet, die anhand von aufwendigen Untersuchungen möglichst
gut mit subjektiven Sprachtests korrelieren. Sehr weit verbreitet sind Verfahren
basierend auf der DIN/ IEC 60268-16,
die auch die Grundlage von WinAudioMLS bilden. Durch die Standardisierung ist
eine hohe Reproduzierbarkeit gegeben und viele Fehlerquellen bei subjektiven
Tests entfallen. Die Klasse der Verfahren wird mit STI (Speech Transmission
Index) bezeichnet.
Diese Verfahren sind in der Norm festgelegt. DIN/IEC 60268-16:2003
Elektroakustische Geräte - Teil 16: Objektive Bewertung der Sprachverständlichkeit
durch den Sprachübertragungsindex.
Die objektiven Meßverfahren messen den Modulationsverlust synthetischer Signale. Durch aufwendige Hörtests wurde eine gute Korrelation mit subjektiven Verständlichkeitsmaßen nachgewiesen.
Speziell im Bereich der Notfallwarnsysteme hat sich das Meßverfahren STI-PA durchgesetzt.
Es stellt einen Kompromiß zwischen dem aufwendigeren STI und dem stark vereinfachten RASTI dar.
Bisher erforderten diese Messungen relativ aufwendiges Meßequipment und geschultes Personal.
Bei diesem Test wird die menschliche Sprache durch
moduliertes bandbegrenztes Rauschen moduliert. Verschiedene Einflüße des Übertragungssystems
wie Nachhall, Verzerrungen, Hintergrundgeräusche verringern die Modulation der
Testsignale. Diese Verringerung der Modulation wird über alle Frequenzbänder
und Modulationsfrequenzen zu einem Parameter zusammengefaßt, dem Sprachverständlichkeitsindex,
der im Bereich von 0.0 (unverständlich) bis 1.0 (exzellent verständlich)
liegen kann.
STI Index |
Kommentar |
0.0-0.3 |
unverständlich/bad |
0.3-0.43 |
schwach/poor |
0.43-0.6 |
angemessen/fair |
0.6-0.75 |
gut/good |
0.75-1.00 |
ausgezeichnet/excellent |
Gemäß Norm DIN 60849 muß die Verständlichkeit
auf der Allgemeinen Verständlichkeitsskala (CIS: common intelligibility scale) größer
oder gleich 0.7 sein. Dies entspricht einem STI (speech transmission Index) von
0.5.
Das folgende Bild
zeigt das modulierte Rauschsignal mit dem Modulationsgrad m. Durch den Übertragungsweg
verringert sich die Modulation und damit auch die Sprachverständlichkeit.
Die relative der Veränderung der Modulation kann über der Frequenz gemessen werden. Diese Funktion bezeichnet man als Modulations-Transfer-Funktion (MTF). Die Messung erfolgt in 7 Oktavbändern mit den folgenden Frequenzen 125Hz 250Hz 500Hz 1000Hz 2000HZ 4000Hz 8000Hz.
Der Meßaufbau ist sehr einfach. Das Testsignal, das aus speziellem modulierten Rauschen besteht, wird über einen Test-Lautsprecher über das Mikrofon der Notfallanlage eingespeist. An verschiedenen Stellen wird das Signal über ein Meßmikrofon aufgenommen und analysiert. Pro Messpunkt dauert die Messung etwa 15s.
Der Lautsprecher sollte einen Abstand von etwa 0.5m zum Mikrofon haben. Der Schallpegel des Testsignals sollte bei 66dB(A) liegen.
Auf der Produkt-CD befinden sich zwei Testsignale für
STI-PA, einmal für eine männliche Stimme und die zweite für eine weibliche
Stimme. Diese können Sie z.B. auf einen MP3-Spieler übertragen oder direkt von
CD abspielen. Die Testsignale dürfen jedoch keinesfalls komprimiert werden
sondern müssen direkt als .wav/PCM oder
Audio CD abgespielt werden. Dieses Testsignal wird kontinuierlich über die
Notfallanlage abgespielt.
Die Messung erfolgt sinnvollerweise mit einem kleinen
Laptop z.B. Netbook und einem Messmikrofon an den Meßpunkten. Zusätzlich
empfehlen wir einen Kalibrator, um auch absolute Schallpegel zu erfassen.
Die Ergebnisse werden in folgendem Dialogfeld
angezeigt. Dabei wird der STI-PA Wert laufend aktualisiert, nach etwa 10-15s
sollte sich ein stabiler Wert einstellen. Die aktuelle Meßzeit wird mit
angezeigt. Mit „Reset“ können Sie die Messung und alle internen Zustände
zurücksetzten. Die Messung startet dann wieder mit der Zeit 0s. Das Geschlecht
(„male“ oder „female“) müssen Sie je nach Testsignal auswählen.
Für tiefere Analysen werden zusätzlich die
Modulalationsindices für alle Bänder bei beiden Modulationsfrequenzen
angezeigt. Weiterhin wird der MTI Wert für jedes Band angezeigt. Details zu
diesen Parametern finden Sie in der Norm DIN/ISO 60268-16.
Da WinAudioMLS alle Parameter in Echtzeit berechnet, können
Änderungen an der Anlage oder Räumlichkeiten direkt verfolgt werden. Aufgrund
der kleinen Modulationsfrequenzen stellt sich dabei eine Verzögerung durch die
Einschwingzeit der Filter von etwa 10s ein.
Die beiden Verständlichkeitsmaße können auf einfache Weise umgerechnet werden:
CIS=1+log10(STI)
Die Meßwerte können als reiner Text in die Zwischenablage kopiert werden und dann mit z.B. Excel weiter analysiert werden.
Der zum Test notwendige Lautsprecher ist in der Norm nur grob spezifiziert.
Es wird empfohlen ein Konuslautsprecher mit einem Durchmesser von 10cm zu verwenden. Der Frequenzgang sollte innerhalb von 88Hz bis 11.3kHz maximal um +/-1dB von einem idealen Frequenzgang abweichen.
Sinnvoll sind aktive Lautsprecher, die einen Verstärker bereits integriert haben, da sich dadurch der Aufwand zum Aufbau des Systems verringert.
Nur für sehr hohe
Genauigkeitsanforderungen wird ein Mundsimulator (ITU-T Recommendation P.51)
empfohlen.
Mundsimulator
G.R.A.S. 44AA
Das
obige Bild zeigt ein vollständiges Meßsystem für STI-PA
Es
besteht aus:
·
PC: hier
ein kleines Netbook, das besonders für mobile Messungen geeignet ist.
·
Meßmikrofon
(Das hier gezeigte Meßmikrofon wird über eine USB-Soundkarte an den PC
angeschlossen)
·
Aktiver
Testlautsprecher mit 10cm Membran
·
CD-Spieler
zur Signalerzeugung
·
CD mit
STI-PA Testsignal
Sinnvoll
sind noch ein Handschallpegelmesser oder Kalibrator zur Messung absoluter
Schallpegel.
Sofern
ein hochwertiger IEC61672 Klasse 1 oder 2 Schallpegelmesser zur Verfügung
steht, kann dieser über den AC-Ausgang anstelle des Meßmikrofons verwendet
werden.
Wie bereits erwähnt ist die STI-Methode bei direkter
Umsetzung sehr zeitaufwendig. Die RASTI-Methode ist zwar deutlich einfacher. Sie
zeigt aber eine geringere Korrelation mit subjektiven Tests. Einen guten
Kompromiss stellt die STI-PA (Speech Transmission Index –Public Access) dar,
die wie die STI-Methode breitbandig arbeitet (125-8kHz). Pro Band werden
lediglich zwei Modulationsfrequenzen verwendet. Dadurch ist es möglich alle Meßpunkte
in einem Signal simultan zu übertragen. Eine direkte Messung dauert lediglich
10s. Im Gegensatz zur STI/RASTI Methode kann WinAudioMLS STI-PA direkt über die
speziell modulierten Rauschsignale messen. Der Umweg über die Raumimpulsantwort
entfällt. Der Meßaufbau ist auch deutlich einfacher. Es muß lediglich das
spezielle STI-PA Signal über die zu messende Anlage oder Raum abgespielt
werden. Über ein Mikrofon analysiert WinAudioMLS das Signal und bestimmt in
Echtzeit den Modulationsverlust. Damit steht auch ein alternatives Meßverfahren
zur Verfügung mit dem Fehlerquellen schnell eingekreist werden können.
Band [Hz] |
125/250 |
500 |
1000 |
2000 |
4000 |
8000 |
Mod.
Freq. 1 [Hz] |
1 |
0.63 |
2 |
1.25 |
0.8 |
2.5 |
Mod.
Freq. 2 [Hz] |
5 |
3.15 |
10 |
6,25 |
4 |
12.5 |
Für männliche Stimmen werden die Bänder 125Hz und
250Hz zusammengefaßt. Bei weiblichen Stimmen wird das Band bei 125Hz nicht
verwendet.
Das folgende Bild zeigt das Spektrum der STI-PA
Testsignale. Man erkennt deutlich die 6 Bänder mit einer Breite von einer
halben Oktave.
Auf der Produkt-CD befinden sich zwei Testsignale für
STI-PA, einmal für eine männliche Stimme und die zweite für eine weibliche
Stimme.