Maximaler Schallpegel bei Messmikrofonen

Bei vielen Mess-Aufgaben steht der maximal messbare Schalldruck im Vordergrund. In diesem Dokument fassen wir die wichtigsten Einflussgrößen zusammen.

Zusammenfassung

Pegel bis 120dB können mit den meisten System gemessen werden. Je kleiner die Membranfläche, desto größer der maximale Pegel. Daher sind 1/4" oder 1/8" Mikrofone in der Regel besser geeignet als 1/2" Mikrofone.
Es ist jedoch wichtig, auch darauf zu achten, dass der Vorverstärker bzw. ADC nicht übersteuert und den Pegel des Mikrofons begrenzt.

Hintergrund

Der Schall wirkt auf die Membran des Mikrofons und erzeigt eine Spannungsgröße. Ein zu hoher Schalldruck kann die empfindliche Membran einfach mechanisch zerstören. Diesem Schallpegel dürfen die Mikrofone niemals ausgesetzt werden. Solch hohe Schallpegel entstehen nicht nur bei Düsentriebwerken oder Explosionen, sondern beim schnellen Einführen eines Mikrofons in einen Schallpegelkalibrator, können enorme Drücke auftreten.

Der sinnvolle Pegelbereich ist jedoch wesentlich kleiner, da die Membranbewegung bei hohen Pegeln nicht-linear wird. Es treten Verzerrungen auf, die das Messergebnis verfälschen. Dieser Grenzschallpegel, bei dem der Klirrfaktor noch unter 3% (bei 1kHz) liegt, wird meist im Datenblatt angegeben.
Bei einem typischen 1/2" Klasse 1 Mikrofon (mit 50mV/Pa) (dem "Arbeitspferd" in der Messtechnik) liegt dieser Wert bei 146dB RMS bzw. 149dB Peak (Microtech Gefell MK250).

Bei einem 1/4" Mikrofon mit 5mV/Pa liegt der maximale Schallpegel bei 155dB RMS und 158dB Peak (Microtech Gefell MK301E)

Angaben in den Datenblättern

Es sehr wichtig, in den Datenblättern den maximalen Pegel, der zur Zerstörung führt, und den Grenzschallpegel zu unterscheiden. Weiterhin muss klar zwischen Peak und RMS unterschieden werden. In jedem Fall sollte man Reserven einplanen und die Kapseln nicht an den Grenzbereichen betreiben

Der Mikrofon-Vorverstärker

Eine typische 1/2" Mikrofonkapsel mit 50m/Pa liefert bei 145dB Schalldruck (RMS) eine Spannung von 17,7V RMS also +/-25V. Diese hohe Spannung muss vom Vorverstärker auch verarbeitet werden, sonst übersteuert er.
50V sind für Transistorschaltungen eigentlich kein Problem, aber die Vorverstärker sind in der Regel auf hohe Empfindlichkeit und niedriges Eigenrauschen ausgelegt.

Daher  wird der maximale Schallpegel der Kapsel durch die elektrische Verstärkerkette zusätzlich verringert. Hierbei ist die maximale Ausgangsspannung bzw. Eingangsspannung der Vorverstärker von zentraler Bedeutung.

Typische Vorverstärker für die akustische Messtechnik

Systeme, die mit Konstantstrom betrieben werden (ICP/IEPE) liefern eine maximale Ausgangsspannung von 3-6,5V RMS (Microtech Gefell MV210 6,5V).

Systeme, die mit 48V Phantomspannung betrieben werden, liefern ca. 3V RMS. Diese Vorverstärker kommen aus der Studiotechnik und werden u.a. auch beim NTI AL1, NTI XL2, NTI XL3 verwendet.

In der professionellen akustischen Messtechnik werden Vorverstärker mit einem LEMO Anschluss verwendet. Diese werden mit einer Versorgungspannung von 120V betrieben und liefern Ausgangsspannungen bis 33V RMS (Microtech Gefell MV203)

 

Übersicht der maximalen Spannung (RMS) von der verschiedenen Vorverstärkern

 

Anschluss  

 maximale Spannung RMS

LEMO  

 33V

ICP/IEPE   

6V

XLR P48   

3V

 

Ausgangsspannungen einer typischen Mikrofonkapsel

Ein typisches Mess-Mikrofon hat eine Empfindlichkeit von 50mV/Pa. Bei einem Schallpegel von 94dB RMS beträgt die Ausgangspannung daher 50mV RMS.

Die folgende Tabelle zeigt die Ausgangspannung für verschiedene Schallpegel

120dB   

 1.0V

125dB   

1.7V

130dB   

3.1V

135dB   

5.6V

140dB   

9.9V

145dB   

17.7V

Ein Vorverstärker mit 3V Ausgangsspannung erreicht daher schon eher die Begrenzung als die Kapsel selbst. Bei digitalen Systemen muss auch der maximale Eingangsbereich des AD-Umsetzers (ADC) berücksichtigt werden.

Der ADC - Digitalisisierung

Im allgemeinen wird das Signal aus dem Vorverstärker durch einen ADC digitalisiert. Diese Module haben jedoch auch nur einen beschränkten Spannungsbereich. Entweder ist der ADC für niedriges Rauschen ausgelegt, dann übersteuert er jedoch bei höheren Pegeln. Oder der ADC ist für hohe Pegel ausgelegt, dann steigt das Eigenrauschen.

Heutige ADCs haben mit sehr hohem Schaltungsaufwand einen Dynamikbereich von 120dB. Hochwertige Geräte nutzen typischerweise 100dB. Daher verwenden die meisten Schallpegelmesser verschiedene Messbereiche, um einen weiten Pegelbereich abzudecken. 

MEMS Mikrofone

MEMS Mikrofone haben als mikromechanische System einen völlig anderen Aufbau als klassische Kondensator Mikrofone. Man findet Sie heute in allen Smartphones und ähnlichen Geräten. Typische MEMS Mikrofone hatten einen relativ geringen maximalen Pegel von 110dB und ein hohes Eigenrauschen. Mittlerweile sind jedoch auch MEMS Mikrofone mit einem Pegel von 138dB verfügbar.

Wie kann der maximale Schallpegelbereich erweitert werden?

  1. Einsatz einer unempfindlicheren Kapsel.

  2. Bei 1/2" Systemen mit Gewinde 60UNS sind (elektrische) Dämpfungsglieder (5,10,20dB) verfügbar, die die Ausgangsspannung der Kapsel verringern. 

  3. Akustische Dämpfer. Der Schallpegel an der Mikrofonmembran wird durch Dämpfungsmassnahmen verringert, z.B. Gehäuse oder absorbierende Materialien. Hierbei ist problematisch, dass sich die Richtcharakteristik verändert. Zudem kann ein Schallpegelkalibrator nicht einfach angesteckt werden.

Grundregel

Grundsätzlich können hohe Schallpegel sinnvoller mit kleineren Mikrofonkapseln (1/4") gemessen werden, da diese einen höheren Grenzschallpegel haben und durch die geringere Empfindlichkeit (typisch 1-5mV) die nachfolgenden Verstärker nicht so schnell übersteuern.

 

 

 

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Last modified: Oktober 22, 2022